Das Städtli entwickeln

Im «Konzept für das Städtli Neunkirch» hat das Forum zahlreiche Vorschläge für Massnahmen erarbeitet und veröffentlicht, die dazu beitragen, das schlummernde Entwicklungspotenzial des Städtlis zu wecken, den Gefahren eines fortschreitenden Strukturwandels zu begegnen und die Einmaligkeit und Qualitäten des Städtchens Neunkirch zu entfalten.

Das Konzept wurde im April 2015 abgeschlossen. Es basiert auf der Nutzungsstrategie, die im April 2014 unter dem Titel «Städtli Neunkirch - am historischen Erbe weiterarbeiten» veröffentlicht worden ist. 

Beide Berichte entstanden in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Altstadt und weiteren Fachberatern aus der Verkehrs- und Raumplanung. Mit Umfragen, Workshops und einer Ausstellung wurde auch die Bevölkerung in die Arbeit einbezogen.

Das „Konzept für das Städtli Neunkirch“ gliedert sich in diese Themen:

  • Das Städtli entwickeln
  • Wohnen im Städtli
  • Die Dachlandschaft
  • Verkehr und parkieren
  • Gassen als Lebensraum
  • Revitalisieren und Aufbauen der Alleen
  • Die Dunglegen zeigen und pflegen
  • Den Klettgauerplatz gestalten 
  • Den Aufbruch wagen

Die «Nutzungsstrategie» vom April 2014

Nutzungsstrategie

Das «Konzept für das Städtli Neunkirch» vom April 2015

Konzept für das Städtli Neunkirch

Die im «Konzept für das Städtli Neunkirch» vorgeschlagenen Massnahmen im Überblick

Das Konzept für das Städtli Neunirch im Überblick
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Wohnen im Städtli

Alles spricht vom verdichteten Bauen. Das Städtli Neunkirch ist verdichtet gebaut, seit Jahrhunderten. Es bietet hochwertiges Wohnen mit städtischer Ambiance in einem intakten ländlichen Raum.

Heute ist das Wohnen die wichtigste Nutzung im Städtli. Es bietet eine breite Palette an Wohnmöglichkeiten, häufig in historisch wertvollem Kontext. Nur das Wohnen ist in der Lage, das Städtli zu tragen, das Gewerbe vermag das nicht mehr. Allerdings sind die meisten Mieten bescheiden und kaum kostendeckend. Die historische Substanz wird damit gefährdet.

Das Städtli braucht Liebhaber, die die Eigenart des Städtlis und seine historische Bausubstanz schätzen. Deshalb muss es gelingen, künftig vermehrt diese Zielgruppe als Eigentümer, Vermieter und Mieter zu gewinnen.

Die Gemeinde kann die Mietpreise nicht direkt beeinflussen, sie kann aber mit Massnahmen im öffentlichen Aussenraum die Qualität der Gassenräume und damit die Wohn- und Lebensqualität im Städtli steigern. 

Letztlich dienen alle Massnahmen in diesem Konzept dem Ziel, den Wert der Liegenschaften zu halten und zu erhöhen.

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Die Dachlandschaft

Vor allem die Eigentümer und Bewohner der Altstadtliegenschaften entscheiden über die weitere Entwicklung des Städtlis. Sie bestimmen, wie sie seine historische Substanz pflegen und wie sie sie an die nächste Generation weitergeben.

Die Dachlandschaft ist ein prägendes und äusserst empfindliches Element des Ortsbildes. Sie noch weitgehend intakt und offenbart von aussen die Geschlossenheit des Städtlis. Bei vielen Häusern ist die Dachfläche grösser als die Fassadenfläche. Dachaufbauten wurden früher wenige gebaut. 

Jeder Eingriff verändert das Dach für immer und soll nur soweit verändert werden, wie dies für die Belichtung des Dachraumes unumgänglich ist.

Ein weiteres bestimmendes Gestaltungselement ist das verwendete Material. Es soll die ruhige Geschlossenheit der Dachlandschaft unterstützen. Bei Renovationen sollen möglichst viele der Dachziegel weiterverwendet werden.

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Verkehr und Parkieren

Vordergasse und Nebengassen

Die vielen Fahrzeuge sind für das Städtli zur Belastung geworden. Sie haben ihm einen Teil seines Charmes genommen. Die Umfragen und Workshops zeigten, dass nun ein Umdenken begonnen hat. Die Mehrheit wünscht mehr Wohnqualität. Dabei geht es nicht darum, die Autos aus dem Städtli zu verbannen. Es hatte immer Fuhrwerke und Fahrzeuge im Städtli. Aber der Verkehr im Städtli und die Anzahl parkierter Fahrzeuge ist auf ein Mass zu reduzieren, das die Stimmung des Städtlis nicht zerstört und die Wohnqualität verbessert. 

Die Vordergasse ist zwölf Meter breit. Ihr Strassenraum wird neu so aufgeteilt, dass die Wohn-, Lebens- und Aufenthaltsqualität gesteigert werden kann:

  • Fussgänger und Fahrzeuge sollen im Städtli gleichberechtigt und auf gleichem Niveau verkehren; die Fussgänger werden nicht mehr auf ein enges Trottoir gedrängt
  • der ruhende Verkehr wird auf das für Handel, Gewerbe und Bewohner nötige Mass beschränkt
  • die Haupt- und die Nebengassen werden Lebensräume für Bewohner und Gäste
  • Geschäfte und Gastbetriebe erhalten Raum für Auslagen und Bestuhlung
  • die Bewohner können ihren Wohnbereich ein Stück weit auf die Gasse ausweiten.

Steigt die Wohn- und Lebensqualität im Städtli, wird auch die Werterhaltung oder -vermehrung der Gebäude begünstigt.


Parkplätze am Stadtrand

Die Anzahl Parkplätze im Städtli kann nur reduziert werden, wenn für Bewohner und Besucher genügend Plätze in unmittelbarer Nähe geschaffen werden. Die folgenden Flächen können in Abstellplätze umgewandelt werden:

  • die «Rote Fabrik» im Nordosten
  • die Fläche beim Kindergarten im Südosten
  • die bestehenden Parkplätze beim Schulhaus im Nordwesten.

Ein Teil der Abstellplätze wird überdacht; ein Teil davon wird mit einer gemeinschaftlichen Fotovoltaikanlage kombiniert. An der Anlage können sich alle Bewohner beteiligen.

Bei Grossanlässen (Messen, Märkte, Fussballspiele) und bei Sommerhitze werden die Fahrzeuge unter den Bäumen der Allen abgestellt. Dadurch werden das Wurzelwerk und die Grünfläche beeinträchtigt. Mit geeigneten Massnahmen soll dies künftig verhindert werden.

Abstellplätze im Städtchen

Jeder Punkt entspricht einem Abstellplatz oder einer Garage

Die Fussgängerverbindung Nord-Süd

Mehrere wichtige öffentliche Anlagen liegen an der Fussgängerverbindung in der Mitte der Stadt. Sie ist für das öffentliche Leben wichtig und auch ein Schulweg. Sie wird räumlich aufgewertet.

Zwei Gefahrenstellen (bei der Kirche und am Schnittpunkt Vordergasse) werden behoben, beim Gemeindehaus wird die Fussgängerachse geöffnet.

Fussgängerverbindung
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Die Gassen als Lebensraum

Die Nebengassen sind Wohngassen. Hier spielt sich das Quartierleben ab. Mit einer Reduktion der Abstellplätze und mit der Aufwertung der Dunglegen liesse sich die Wohnqualität deutlich steigern.

Da die Dunglegen im Schatten der Häuser liegen und Altstadthäuser oft keinen Balkon haben, besteht auch ein Bedürfnis, sich auf der Sonnenseite aufhalten und Pflanzen ziehen zu können. Allerdings muss dabei die Durchfahrt für die Abfallbeseitigung und für Notfallfahrzeuge gewährleistet bleiben. Auch muss ein Minimum an Pflege und Ordnung garantiert sein.

All das kann durch eine Vereinbarung zwischen der Gemeinde und den Grundeigentümern geregelt werden.

Das Schichtenmodell

Schichtenmodell

Die Nebengassen sind in Schichten gegliedert, bestehend aus einer Abfolge von Baubereich – Vorbereich – Strasse – Dunglege – Traufgang – Baubereich. Diese historisch entstandenen Schichten werden mit Materialwechseln wieder sicht- und erlebbar gemacht.

Die Bauten im Baubereich sind Privatbesitz. Der Vorbereich, die Strasse und der Traufgang sind im öffentlichen Eigentum der Gemeinde.

Die Dunglegen hingegen sind Gesamteigentum, im Grundbuch als solche eingetragen und je einer Baute zur Nutzung zugewiesen. Alle Dunglegen einer Gasse bilden eine sogenannte Allmendgenossenschaft. Jede Veränderung, beispielsweise die Umwandlung in einen Parkplatz, braucht einen Mehrheitsbeschluss aller Mitglieder der Genossenschaft.

Die Massnahmen zur Gestaltung der Gassen

Konzept Gestaltung der Gassen
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Revitalisieren und Aufbauen der Alleen

Das Städtli wird umgürtet von den Alleen und Gräben. Diese einmalige Anlage soll als Nächsterholungsgebiet erhalten, weiterentwickelt und revitalisiert werden.

Die Alleebäume schützen das Städtli, und sie nützen uns: sie reinigen die Stadtluft, spenden Schatten und befeuchten ihre Umgebung. Doch sie zeigen sich heute bezüglich Alter, Art, Kronenform und Gesundheit in einem heterogenen Zustand. So wirkt nur noch der östliche Abschnitt der Mühlegrabenallee als geschlossene Allee.

Im Wettigraben ist im Laufe der Jahre der Lebensraum der Bäume durch asphaltierte Flächen stetig verkleinert worden. Das wilde Parkieren auf den Rasenflächen und das Deponieren von Holz, Geräten und ähnlichem verdichten den Boden, beschädigen die Rinden und beeinträchtigen die Vitalität der Bäume.

Mit einem Gesamtkonzept kann ein einladender, durchgehender Grünraum um das Städtli gestaltet und seine schrittweise Realisierung geplant werden.

Konzept Alleen
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Die Dunglegen zeigen und pflegen 

Auf den Dunglegen wurde einst der Mist gelagert. Sie sind einmalig und gehören zu Neunkirch wie die Bergkirche und das Obertor. Sie stiften Identität. Weniger als 10% der befragten Bewohner möchten die Dunglegen aufheben. Anderseits ist ihr Zustand oft lamentabel. Nur wenige der ehemals mit Mauern umfassten Mistplätze sind noch erhalten. Da es keinen Mist mehr zu lagern gibt, wurde ein grosser Teil eingeebnet und wird nun als Parkplatz genutzt. Einige Mistlegen sind zu schönen Blumengärten geworden, andere laden als Sitzplätze zum Verweilen ein und fördern so die sozialen Kontakte.

Mit dem Pflegen der ehemaligen Mistlegen liesse sich die Lebensqualität in den Nebengassen weiter steigern. Dazu müssen sie, unabhängig von der heutigen Nutzung, als einst klar definierter Bereich ablesbar bleiben. Idealerweise mit den ursprünglichen Mäuerchen.

Diese Grundsätze und Ziele werden mit den folgenden Massnahmen umgesetzt.

Konzept Dunglegen
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Den Klettgauerplatz gestalten

Der Klettgauerplatz liegt an der Fussgängerverbindung vom Städtli über die  Gemeindeverwaltung und den Coop zum Bahnhof. Das ist die Linie mit dem grössten Fussgängerverkehr. Der Klettgauerplatz ist kein Platz im eigentlichen Sinne; er ist eine Kreuzung, wo sich Fahrzeuge und Fussgänger treffen. Seine Gestaltung ist auf die Bedürfnisse eines flüssigen Verkehrs ausgerichtet. Fussgänger stören und sind gefährdet.

Der Klettgauerplatz soll mit wenigen Massnahmen zu einem kleinen attraktiven Stadtplatz und stärker an den Bereich Bahnhof/Coop angebunden werden. Mittelfristig sollen auch Voraussetzungen geschaffen werden können, um zwischen Bahnhof und Vordergasse weitere Nutzungen mit öffentlichem Charakter entstehen zu lassen. Dazu geeignet wäre das Erdgeschosse des alten Wachtpostens.

Konzept Klettgauerplatz
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Den Aufbruch wagen

Beim ehemaligen Untertorturm eine Marke setzen

Stadtansicht von J. Schmid

Neunkirch hat sich gut gehalten. Nach fast 800 Jahren ist sein Stadtgrundriss immer noch modern, besser als vieles, was einem heute als «Stadt» oder «verdichtetes Bauen» begegnet.

Vor diesem historischen Hintergrund dürften auch wir Heutigen Neues wagen. Schliesslich gäbe es Neunkirch in seiner einmaligen Form nicht ohne die Vision, den Pioniergeist und die Tatkraft seines Gründers. Wie sonst wäre ein Bischof auf das Rechteck gekommen, hätte er sich nicht von einer Vision leiten lassen?

Eine belebende Frage wäre beispielsweise, wie wir heute einen neuen Westeingang ins Städtli gestalten würden, dort wo bis 1825 der Untertorturm stand. Wie wir bei der verloren gegangenen Torsituation mit künstlerischen oder architektonischen Mitteln zeigen könnten, dass sich hier der Raum der Vordergasse schliesst. Ein Studienauftrag oder ein öffentlicher Wettbewerb würde das Vorhaben bekannt machen und könnte einen Aufbruch signalisieren.

Eine andere Idee wäre, die gotische Holzdecke zurückzuholen, die früher im Oberhof einen Saal zierte und heute im Keller des Landesmuseums Zürich eingelagert ist. Schon die Forderung, die Decke gehöre an ihren ursprünglichen Ort, könnte das aufmüpfige Landstädtchen bekannt machen.

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